Widerlegung
weiterer Vorwürfe
1. Tierrechtler/-schützer behaupten,
viele Zirkustiere würden unter Verhaltensstörungen leiden.
Diese Behauptung ist falsch. Die Tiere in einem verantwortungsvoll geführten
Zirkus lassen keine Verhaltensstörungen oder andere Symptome erkennen, die auf
ein Leiden hinweisen. Zu den Videos der Tierrechtler, auf denen angeblich
Bewegungsstereotypien zu sehen sind, ist Folgendes anzumerken:
In seltenen Fällen kann man bei Zirkustieren repetitive, d. h. gleichförmige,
sich wiederholende Bewegungen beobachten. Dieses Verhalten dauert immer nur
kurze Zeit an (wenige Minuten). Repetitive Bewegungen dieser Art deuten nicht
auf ein Leiden hin, sondern haben harmlose Ursachen, wie z.B. ungeduldiges
Warten auf angenehme Ereignisse, vor allem auf die Fütterung, die Körperpflege
oder das Training (vgl.: T. Friend and D. Bushong, Stereotypic behaviour in
circus elephants and the effect of "anticipation" of feeding, watering and
performing, Ontario 1996). Auch andere harmlose Ursachen sind möglich. Dieses
Phänomen kann man nicht als Verhaltensstörung einstufen (vgl.: Leitlinien für
die Haltung von Tieren in Zirkusbetrieben, Bonn 2000, S. 46). Davon zu
unterscheiden ist ein lang andauerndes, repetitives Verhalten, das durch
Beschäftigungslosigkeit bzw. Stress ausgelöst wird (sog. Stereotypien).
Derartige pathologische, als Verhaltensstörung zu bewertende Stereotypien kommen
in einem guten Zirkus eindeutig nicht vor. Die Videos, die die Tierrechtler zum
"Beweis" für ihre Anschuldigungen einsetzen, sind häufig stark bearbeitet,
umfassen immer nur minimale Zeitspannen und zeigen nichts anderes als die zuerst
beschriebene, harmlose Variante.
2.
Tierrechtler/-schützer behaupten, die Tiere würden durch die Transporte
gestresst.
Diese
Behauptung ist falsch! Zirkustiere nehmen den Transport von Stadt zu Stadt ohne
jedes Anzeichen von Unbehagen auf. Häufig schlafen sie sogar während des
Transports. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sie von klein auf an die
Transporte gewöhnt sind und häufig in ihren vertrauten Schlafbehausungen
transportiert werden. Eine vor wenigen Jahren durchgeführte Studie des
Freiburger Verhaltensforschers Dr. Immanuel Birmelin bestätigt eindrucksvoll
diese Beobachtung. Birmelin untersuchte die Konzentration des Stresshormons
Cortisol im Speichel von Zirkustieren und fand dabei heraus, dass Löwen und
Elefanten durch die Transporte offensichtlich nicht gestresst werden.
(Siehe:
Birmelin, Immanuel: Tierisch intelligent, Stuttgart 2011, S. 107-108. Siehe
auch: Althaus, Thomas: Knie-Zoo, Führer durch den Zoo des Schweizer
National-Circus Knie, Rapperswil ca. 1995, S. 16–17. Vgl.:
Argument Nr. 10 auf
der Seite „Argumente“.)
3.
Tierrechtler/-schützer behaupten, die Tiere seien nicht freiwillig im Zirkus und
würden ihre Übungen nicht freiwillig zeigen.
Diese Behauptung ist irreführend, wie die folgenden Überlegungen zeigen:
•
Die Tierlehrer
orientieren sich beim Einstudieren einer Nummer nicht nur an den arteigenen
Fähigkeiten ihrer Schützlinge, sondern auch an deren individuellen Begabungen
und Vorlieben. Zudem nehmen sie Rücksicht auf die Tagesform der Tiere. So treten
z. B. im Circus Krone nicht in jeder Vorstellung dieselben Tiere auf.
•
Die Ausbildung
der Tiere im Zirkus beruht nicht auf Gewalt, sondern auf dem Prinzip der
positiven Verstärkung und auf einem innigen Vertrauensverhältnis zwischen Mensch
und Tier. Wäre dies anders, könnten Menschen und Tiere im Zirkus niemals hautnah
zusammenarbeiten. Bei einer guten Dressurnummer wirken die Tiere ruhig,
entspannt und interessiert. Mit Hilfe von Messungen des Stresshormons Cortisol
wurde nachgewiesen, dass die Löwen von Martin Lacey (Circus Krone) durch die
Auftritte in der Manege offensichtlich nicht gestresst werden. (Siehe: Birmelin, Immanuel;
Albonetti, Tessy; Bammert, Wolfgang J.: Können sich Löwen an die
Haltungsbedingungen von Zoo und Zirkus anpassen? In: Amtstierärztlicher Dienst
und Lebensmittelkontrolle, Nr. 4/2013, S. 244. Vgl.:
Argument Nr. 5 auf der
Seite „Argumente“.)
•
Fast alles, was
ein Tier in der Wildnis tut, ordnet sich dem Zwang zur Selbsterhaltung und zur
Fortpflanzung unter. Für freiwilliges Handeln bleibt da nur wenig Raum.
Freiheit, so wie wir Menschen sie verstehen, spielt im Leben wild lebender Tiere
kaum eine Rolle. (Siehe: Artikel „Was weiß man darüber, ob Zootiere die Freiheit
vermissen?“ und „Warum Tiere im Zoo nicht in Gefangenschaft leben“ auf dem
Internet-Portal "zoos.media“:
1)
http://zoos.media/zoo-fakten/zoo-tiere-freiheit-vermissen/
2)
http://zoos.media/medien-echo/zoo-tiere-gefangenschaft/
Vgl.: Argument Nr. 8 auf der Seite „Argumente“.)
4. Tierrechtler/-schützer behaupten:
"Tiere sind nicht dazu da, uns zu unterhalten."
Ein unsinniges Argument! Das Dasein der Tiere ist darauf ausgerichtet, sich
selbst aufzubauen und sich selbst zu erhalten. Tiere sind also weder dazu da,
uns zu unterhalten, noch dazu, ein Leben in der Wildnis zu führen. Wenn nun aber
eine Tierhaltung so gestaltet ist, dass die Tiere den beschriebenen Daseinszweck
erfüllen können, dann gibt es keinen vernünftigen Grund, Tierpräsentationen zu
verurteilen. Warum sollen sich Menschen nicht an gut gehaltenen Tieren erfreuen
und sich von ihnen unterhalten lassen? Dies gilt vor allem deshalb, weil
zwischen den Tieren und den Besuchern eine Begegnung stattfindet, aus der sehr
viel Gutes erwachsen kann (siehe Essay "Die pädagogische Dimension des Zirkus").
5. Tierrechtler
kritisieren, dass die "Leitlinien zur Haltung von Tieren in Zirkusbetrieben" nur
Empfehlungscharakter haben.
Dieses Behauptung ist
ebenfalls irreführend. Bei den Leitlinien handelt es sich um ein sehr
detailliertes Regelwerk, das von den Amtstierärzten nicht nur bei den
Kontrollen, die in fast jeder Gastspielstadt stattfinden, sondern auch bei der -
jährlich zu erneuernden - Erteilung der Haltungserlaubnis (nach Paragr. 11 des
Tierschutzgesetzes) als Grundlage herangezogen wird. Die Leitlinien haben also
tatsächlich nur Empfehlungscharakter, die Verfügungen des Amtstierarztes aber,
die ja auf den Leitlinien basieren, sind juristisch bindend wie ein Gesetz.
6.
Tierrechtler/-schützer behaupten, bei der Hälfte aller amtstierärztlichen
Kontrollen komme es zu Beanstandungen.
Diese Behauptung ist falsch. Auf der Grundlage bundeseinheitlicher Regelungen
finden in jedem Gastspielort Kontrollen durch die Veterinärämter statt. Als
Hilfsmittel dienen dabei die Tierbestandsbücher der Tierhalter und das
Zirkuszentralregister, ein Online-Verzeichnis.
Die Quellen, auf die sich die Tierrechtler/-schützer stützen, gehen ganz
offensichtlich nur von den Einträgen im Zirkuszentralregister aus. Dieses
Register soll dazu dienen, Änderungen im Tierbestand und ggf. auftretende
Beanstandungen zentral zu dokumentieren. Aus diesem Grund sieht der
Verordnungstext vor, dass Informationen lediglich eingetragen werden, „soweit
diese der erteilenden Behörde nicht vorliegen oder der Aktualisierung bedürfen“.
Positiv verlaufende Kontrollen, wie sie bei vorbildlich geführten
Zirkusbetrieben die Regel sind, werden in den meisten Fällen nicht im Register
erfasst. Das Register ist also ein effektives Überwachungsinstrument, lässt aber
keine Rückschlüsse auf die Gesamtzahl der Kontrollen zu. Somit kann auch die
prozentuale Häufigkeit der Beanstandungen nicht ermittelt werden. Eine
Statistik, die allein auf den Registereinträgen beruht, wird deshalb immer zu
Ungunsten der Zirkusse ausfallen. Recherchen auf der Grundlage der
Tierbestandsbücher - in denen (anders als beim Zentralregister) alle Kontrollen
festgehalten werden müssen - ergaben, dass die Zahl der positiv verlaufenden
Kontrollen die Zahl der Kontrollen, die zu Beanstandungen führen, um ein
Vielfaches übertrifft.
Dirk Candidus, Dr. Daniel Burow (August 2019) |