13. Argument: Wissenschaftler
verteidigen den traditionellen Circus mit (Wild)tieren
Fast alle Wissenschaftler, die sich
ausführlich mit dem Thema „Tiere im Circus“ beschäftigt haben, verteidigen den
traditionellen Circus mit (Wild)tieren. Die Forschungsarbeiten und
Statements der Wissenschaftler reichen von der 60er Jahren bis in die Gegenwart.
Bereits 1961 stellte Prof. Dr. H. Hediger, der Begründer der Tiergartenbiologie,
die These auf, dass das Training in der Manege eine stimulierende Wirkung auf
die Tiere hat und somit deren körperliche und geistige Fitness fördert. Dabei
stützte er sich auf seine langjährigen Beobachtungen im Zoo, im Circus und in
freier Wildbahn. Diese Erkenntnis wurde seither immer wieder von
Wissenschaftlern für richtig befunden.
Ende der 80er Jahre untersuchte die britische Verhaltensforscherin Dr. Marthe
Kiley-Worthington im Auftrag von zwei Tierschutz-Organisationen (!) die
physische und psychische Gesundheit von Circustieren (über 3000
Beobachtungsstunden in 14 britischen Circussen und im Schweizer Nationalcircus
Knie). Sie kam u. a. zu dem Ergebnis, dass fast alle Circustiere (ca. 90%)
während des Reisebetriebs eine gute Verfassung aufweisen.
Ein weiteres Ergebnis: Der im Circus übliche enge Tier-Mensch-Kontakt bereichere
das Leben der Tiere. Außerdem setze ein solcher Kontakt einen bestimmten Umgang
mit dem Tier voraus; denn durch Grausamkeiten ängstlich oder unberechenbar
gemachte Tiere seien für eine enge Zusammenarbeit mit dem Menschen nicht
geeignet.
Weiter stellt Kiley-Worthington fest, dass für das Befinden der Tiere vor allem
deren Vorerfahrung und nicht so sehr der Unterschied Haustier/Wildtier
entscheidend ist. Für einen Boykott der Tiercircusse sieht sie keinen Grund,
vielmehr hält sie es für sinnvoll, die Circusse dazu zu ermuntern, die
Lebensbedingungen der Tiere weiter zu verbessern. Dabei muss man bedenken, dass
sich die Circustierhaltung damals noch nicht auf dem gleichen hohen Niveau
bewegte wie heute.
In den Jahren 1996 bis 2006 beschäftigte sich der amerikanische Zoologe Prof.
Dr. Ted Friend mit dem Befinden von Elefanten und Tigern in einigen Circussen in
den USA. Aus seinen Forschungsarbeiten geht eindeutig hervor, dass der Circus an
sich dem Wohl der Elefanten keinen Schaden zufügt. Seine Erfahrungen mit dem
Circusbetrieb in den USA decken sich mit den Schlussfolgerungen von Marthe
Kiley-Worthington über die Verhältnisse in britischen Circussen (siehe oben).
Im Jahre 2007 kam eine Studie, die von der britischen Regierung in Auftrag
gegeben wurde und alle verfügbaren Erkenntnisse auswertete, zu dem Ergebnis,
dass es den Tieren, auch den Wildtieren, in einem gut geführten Circus nicht
besser und nicht schlechter geht als ihren Artgenossen in Zoos, Safariparks oder
Wildgehegen.
Der Freiburger Verhaltensforscher Dr. Immanuel Birmelin untersuchte vor ein
paar Jahren die Konzentration des Stresshormons Cortisol im Speichel von
Circustieren und fand dabei heraus, dass…
• die Cortisol-Konzentrationen bei Löwen und Elefanten während der Transporte
nicht höher sind als während der Gastspiele.
• die Cortisol-Konzentrationen bei Löwen im Circus nicht höher sind als bei
ihren Artgenossen in freier Wildbahn.
Diese Ergebnisse legen die Annahme nahe, dass Löwen und Elefanten durch die
Transporte nicht gestresst werden und dass Löwen unter den Lebensbedingungen im
Circus nicht leiden. Die Resultate Birmelins werden durch die Cortisol-Messungen,
die der Tierarzt Andreas Fey wenig später bei Circus-Elefanten vorgenommen hat,
eindrucksvoll bestätigt.
Birmelin und sein Team untermauerten ihre Forschungsergebnisse durch
Verhaltensbeobachtungen, die sie akribisch aufzeichneten und auswerteten. Dabei
stellte sich heraus, dass Löwen im Circus - gute und moderne Haltung
vorausgesetzt - keine Verhaltensstörungen zeigen. Offensichtlich können sie sich
an die Lebensbedingungen im Circus anpassen.
Im Jahre 2015 ging der wissenschaftliche Dienst des Bundestags der Frage nach,
ob Wildtiere in reisenden Circusunternehmen tiergerecht gehalten werden können.
Das Ergebnis war eindeutig: Trotz umfassender Recherche konnten keine
unabhängigen Studien gefunden werden, die belegen, dass es sich bei der Haltung
von Wildtieren im Circus um systemimmanente Tierquälerei handelt.
Vor kurzem hat der Arbeitskreis „Zirkus & Zoo“ der Tierärztlichen Vereinigung
für Tierschutz (TVT) zu den Forderungen der Tierrechtler die folgende
Stellungnahme abgegeben: Die Reformen der Circustierhaltung in den letzten
Jahren hätten gegriffen, deshalb sei ein generelles Wildtierverbot für Circusse
nicht erforderlich. Auch die Bundestierärztekammer (BTK) hat kürzlich ihre
Forderung nach einem generellen Wildtierverbot aufgegeben.
Zu den Unterstützern des traditionellen Circus mit Wildtieren gehören auch der
Zoologe Dr. Thomas Althaus (Bern) und der Verhaltensforscher Prof. Dr. Klaus
Zeeb (Freiburg). Beide haben immer wieder betont, dass eine tiergerechte Haltung
von Wildtieren im Circus möglich ist und in vielen Unternehmen auch praktiziert
wird. Übrigens hatte auch der legendäre Tier- und Naturschützer Prof. Dr.
Bernhard Grzimek keine prinzipiellen Einwände gegen (Wild)tiere im Circus.
Quellen:
Siehe Broschüre „Theoretische Grundlagen der Circustierhaltung"
(Navigationsleiste rechts)!
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